Samstag, 11. September 2021

Le Sel d'Isabel(le)

Traditionell prägen diese Insel Austern, Esel und Salz. In der Neuzeit sind dann die Fahrräder und Hygienemasken dazu gekommen, aber die Neuzeit lassen wir mal beiseite. Austern und Salz, das ist nachvollziehbar hier an der Küste, zumal der Atlantik offenbar besser geeignet ist für Getier in Schale. Bei den Eseln ist das nicht auf den ersten Blick erkennbar, aber man begegnet ihnen in der Regel schon am ersten Tag auf der Insel - zumindest wenn man Augen und vor allem Ohren offen hält. Die typischen Esel der Insel sind sogenannte Poitou-Esel, welche meist ein braunes, zotteliges Fell haben. Sehen irgendwie aus wie Esel aus dem Musical Hair mit ihren langen Haaren. Die waren aber wichtig bei der Arbeit in Salzwasser-Gebieten. Zusätzlich gibt es noch diese Hosen, welche ebenfalls dem Schutz vor dem Salz dien(t)en. Sie wirkten auf mich recht drollig, etwas aufgekratzt teilweise - es hatte ein paar im Burggraben der Festung. Les ânes en culottes ist aber immer noch ein bekannter Begriff.

Mein heutiger Ausflug hat mich diesmal an die Südküste der Insel gebracht: la Couarde. Also nicht ganz an die Küste, weil dort scheinbar nahezu auf dem gesamten besiedelten Gebiet Maskenpflicht gilt. Ich mache das dann wohl am Montag, über's Wochenende hat es vermutlich noch viele Tagestouristen. Mein Ziel heute war ein kleiner Laden am Dorfrand, direkt an der Veloroute Richtung Leuchtturm: le Sel d'Isabel. Man bekommt dort - logisch - Salz und Fleur de Sel. Soweit ich weiss, ist das chemisch identisch, das Fleur de Sel ist einfach die oberste, feine Schicht auf den Salzfeldern. Im Laden hatte es aber noch mehr: Keramik, Keksdosen mit Inhalt, Seifen und -halter, Serviertablets, Caramel mit Fleur de Sel, und, und, und. Einiges gibt es davon auch im Supermarkt oder in Souvenirläden, das hier ist aber Eigenproduktion - zumindest Salz und Caramels. Und Isabelle gibt es wirklich; keine Ahnung, ob die älteste Tochter der Familie immer so heissen muss, oder ob der Laden in jeder Generation umbenannt wird. Aber die eine Mitarbeiterin - ich dachte schon, diese wäre Isabelle - sagte zum anderen Mitarbeiter: "je vais vite chez Isabelle, je serais de retour dans une demi-heure". Alles klar. Gut, wusste ich schon vorher - dass die Chefin Isabelle heisst. Kann man nachlesen, ebenso dass es das Familienunternehmen seit 1920 gibt. Mein Ziel war also ganz bewusst gewählt, den leeren Rucksack hatte ich ebenso bewusst dabei. Auf dem Rückweg war dieser dann nicht mehr leer und ich hatte offenbar genug eingekauft, dass ich noch eine Jutetasche geschenkt bekam. Die Person vor mir bekam lediglich eine Papiertüte...
Jetzt verdaue ich gerade meinen Flan au Pistache - délicieux - denn zum Abendessen ist eine Paella geplant. Mit Seiche (attention, c'est du Français, Tintenfisch, kein Seich), und das gab's zwar frisch, aber in recht grossen Stücken. Wird daher entweder eine Paella inverse (viel Tintenfisch mit wenig Reis), oder ich muss noch ein paar Nachbarn einladen...

Freitag, 10. September 2021

Camping Municipal Saint-Martin

Zeit, mal ein Urteil über den Campingplatz abzugeben. Soviel vorweg: meine erste Wahl waren der Flower-Camping und der Nachbarort "La Flotte", heute würde ich mich anders entscheiden. Warum? Das lest ihr jetzt...
Die beiden Nachbarorte gleichen sich in vielerlei Hinsicht: beide haben einen richtig schönen Hafen - in La Flotte laufen die Schiffe auf Grund, in Saint-Martin schwimmen sie immer. Während La Flotte bei Ebbe schon einen leicht apokalyptischen Eindruck erweckt, ist er in Saint- Martin auch bei Ebbe freundlich. Saint-Martin als Dorf ist kleiner und hat darum meiner Meinung nach mehr Charme. Die Lage ist für den geneigten Velofahrer auch besser, da etwas weiter von der Brücke entfernt: da ich meine Touren sternförmig durchführe, bin ich von Saint-Martin überall hin schneller am Ziel - ausser natürlich, ich gehe nach La Flotte. Den Flower-Camping kann ich nicht beurteilen, aber den Municipal schon:
  • Die Dame an der Réception hat es voll im Griff: freie Plätze auf dem Plan markieren, die dritte Person welche reinkommt wieder rausschicken, Wohnmobile so platzieren, dass alle im Wartebereich Platz finden, und dann noch ständig das Telefon abnehmen und um Geduld bitten - keine Ahnung wie, aber sie schafft das. Wohlgemerkt, der Platz wird von der Gemeinde betrieben...
  • Die Snackbar ist ein wahres Schmuckstück, nicht unbedingt wegen des Aussehens, aber wegen der Athmosphäre. Am Morgen begrüsst dich ein älterer Herr mit einem Lächeln unter der Maske und reicht dir die Faust zum Corona-Gruss. Offen ist sie jeden Tag, ausser Mittwoch und Sonntags am Abend - am Mittag kann man aber jeden Tag Essen. Es gibt Morgenessen und später dann Pizzas, Austern, Grill-Poulet und vermutlich auch etwas Gesundes, aber das steht meist nicht auf der Werbetafel.
  • Die WC-Anlage ist typisch Municipal, für zwei Sterne dann aber doch schon gehoben: getrennte Räume für Girls & Boys (wobei ich heute ein paar Rentner gesehen habe, die zusammen unter die Dusche gegangen sind - Alter schützt vor Torheit nicht); Einzelwaschkabinen und richtige WC (keine Plumpsklos) - allerdings im Gegensatz zu mir brillenfrei. Wobei ich nicht sicher bin, ob WC-Brillen wirklich hygienischer sind. Geputzt wird gut, wann weiss ich nicht - müssen Heinzelmännchen der Gemeindeverwaltung sein.
  • Die Lage ist absolut sensationell: vom Campingplatz-Eingang bin ich in fünf Minuten in der Maskenzone und in zehn am Hafen - zwanzig, wenn ich noch ein paar Blicke ins eine oder andere Schaufenster werfe. 
  • Preislich ist er eher teuer für einen 2-Sterne-Municipal, aber für's Gebotene passen die 27€ am Tag.
Übrigens hat es zunehmend mehr Ausländer auf dem Platz. Einen Berner habe ich heute wegfahren sehen, dann mehr Niederländer, zwei junge deutsche Frauen mit Hund, ja, sogar ein Ire ist vorhin hier vorbeigefahren. Ziemlich erstaunlich, bin ich doch ziemlich hinten auf dem Platz und sehe lange nicht alles.


Donnerstag, 9. September 2021

Le Belem

Es ist eigentlich nicht der perfekte Ort für mich, aber er wäre es für Astrid. Austern an jeder Ecke, direkt aus dem Meer vor dem Restaurant. Offenbar gibt es da auch Unterschiede, auf einer Karte konnte man aus verschiedenen "Sorten" und Herkünften wählen, oder eine gemischte Platte bestellen. Leider nichts für mich...
Sonst wäre ich vielleicht bei der "Paysanne du mer" eingekehrt auf meiner heutigen Fahrradtour. Dort waren primär jene Plätze besetzt, welche Blick auf's Meer boten. So sassen die Austernschlürfer wie im Kino in ei er Reihe, obwohl man für den gewünschten Ausblick fast einen Feldstecher benötigte - das Wasser war schon verdammt weit weg. Das habe ich alles beim Vorbeifahren gesehen, mit meinem nicht-elektrifizierten Bike und darum nicht immer so schnell unterwegs. Dafür besser für die Gesundheit und hier ist es ja - wie bereits Obelix über Helvetien referierte - flach. Einzig der Wind war heute nicht immer mein Freund. Trotzdem überlege ich, ob nicht sogar der Leuchtturm an der Westspitze möglich wäre. Zum einen ist es die nächsten Tage nicht sehr warm, zum anderen habe ich die halbe Strecke heute schon gemacht. Verpflegungsmöglichkeiten hat es auf dieser Insel genug, das könnt ihr mir glauben. Wir werden sehen...
Mit dem kühleren Wetter hat es auch ziemlich viele Wechsel auf dem Campingplatz gegeben. Es sind, wie schon auf den anderen beiden Plätzen, fast nur Franzosen als Gäste da. Immerhin habe ich zwei Schweden-Wohnmobile neben mir, dann habe ich noch drei Fahrzeuge von einer anderen Insel vesehen - jene die keine Lust mehr auf die EU hatten - und dann gibt es noch zwei deutsche Wohnmobile und den Quoten-Niederländer: einen Campingplatz ohne Niederländer, das gibt's einfach nicht.
Ich habe mir heute überlegt, dass das kühle Wetter an einem Donnerstag wohl nicht allzu viele Touristen am Abend in den Hafen locken würde. Darum habe ich mich entschlossen, heute dort quelque chose aus dem Meer zu geniessen. Das mache ich zwar nicht so gerne, alleine ins Restaurant gehen - aber wo wenn nicht hier gibt es frischen und qualitativ hochwertigen Seafood? Das Restaurant meiner Wahl war das Le Belem. Und diesmal wurde es richtig teuer....
Zuerst gab es eine Degustationsplatte mit Foie gras, graved Lachs und einem Fischcarpaccio.


Dann etwas für mich unbekanntes: eine Marmite mit Edelfisch - Languste und Miesmuscheln werden schon gar nicht explizit aufgeführt.


Dann mein beliebtes Café Gourmand.



Mein Fazit:
  • Foie Gras muss ich nicht haben
  • La Marmite war ein Gedicht
  • Das Café Gourmand in der Crêperie war etwas besser
  • Die Bedienung an einem solchen Touristen-Hotspot ist eigentlich immer etwas unpersönlich
  • Gekocht war alles ausgezeichnet
  • Die halbe Flasche "Entre deux Mers" passte ausgezeichnet.
  • 61€50 mit Wein war das teuerste Menü, das ich gefunden habe.

Wetterwechsel

Letzte Nacht hat es geregnet, nicht viel und auch nicht unerwartet. Jetzt sitze ich draussen vor dem Wohnmobil, satt vom Frühstück und ein halbes Baguette ist noch übrig. Brot ist am schwierigsten zu beschaffen in Ein-Personen-Mengen, und das Baguette von gestern ist das Gummibrot von heute. Auch in Restaurants ist das bei so grossem Andrang immer eine spezielle Sache, wenn man alleine einen Tisch besetzt - in Coronazeiten sowieso. Deshalb habe ich mir gestern auch einfach nur zwei Kugeln Glacé gegönnt und mich am Pier hingesetzt, wie so viele andere auch vor "la Martiniere", der lokalen Eisfabrikation mit mehreren Lokalen auf der Insel. Das Wetter war passend, immer noch sehr warm, blauer Himmel, kaum Wolken. Ich versuchte herauszufinden, ob das Wasser im Hafen stieg, oder sank. Nach einiger Zeit war ich mir sicher, dass es anstieg. Vor mir wurde ein Segelboot geputzt, um genau zu sein: er putzte, sie alberte herum. Beide alterstechnisch schwer einzuschätzen, Parterin oder Tochter? Vielleicht auch nur eine Begleitung, aber dazu war das Ablegen dann zu eingespielt. A propos Ablegen...das geht ja auch nicht immer wegen des grossen Gezeitenunterschieds. Die Segelfans müssen also in der Planung ihrer Törns nicht nur das Wetter, sondern auch Ebbe und Flut berücksichtigen. Man kann also nicht einfach spontan losfahren, denn beim Heimkommen gilt das Gleiche.
Ich sass gegenüber der Crêperie "la Sarrasine" und schaute mir die Häuser auf der anderen Seite etwas genauer an: im Prinzip sah ich drei grosse Gebäude, zwischen dem ersten und zweiten befindet sich eine enge Strasse. Zwischen dem zweiten und dritten hingegen, steht die Crêperie, in etwa so breit wie die enge Strasse. Zufall?

Beim Runterlaufen zum Hafen waren mir Schilder aufgefallen, die ich am Dienstag nicht gesehen hatte. Wie in La Flotte hat es auch hier offenbar eine Kernzone mit genereller Maskenpflicht. In den engen Gassen wurde diese auch einigermassen eingehalten, am Hafen war es dann etwa 50:50. Ist auch etwas komisch, weil es dort ja windet und so viele Leute dann auch nicht dort waren. Aber Regeln müssen einfach und beständig sein, sonst weiss niemand mehr, was gerade gilt. Jedenfalls kam da plötzlich ein Polizeiauto dem Pier entlang und forderte die Maskenlosen auf, sich zu maskieren. Der Erfolg war etwas zweifelhaft, erstens versteht  an Personen mit Maske in einem Auto sitzend eher schlecht. Zweitens war es den Leuten anzusehen, dass sie wenig motiviert waren, der Aufforderung nachzukommen. Ob es da noch eine zweite Stufe gibt? Gut möglich, vielleicht sind die tatsächlich erst seit gestern dort und am ersten Tag war man noch nett. Eine Patrouille zu Fuss hätte meiner Meinung nach aber sowieso eine bessere Wirkung erzielt.

Eben, das Wetter - die Sonne scheint auch heute wieder, sie kämpft aber mit zahlreichen Wolken um die Vorherrschaft. Regen ist eigentlich immer möglich, wird aber moderat ausfallen. Soweit, so gut. Aber auffallend ist die wesentlich tiefere Temperatur. Die Nächte sind immer noch sehr mild mit 18, 19°, aber am Tag wird's im Schatten nicht viel wärmer mit 22, 23°. Soll sich am Wochenende wieder erholen, ist also nur eine kleine Baisse und gar nicht so unangenehm. Das wiederum war heute beim Morgenessen eine Fliege, die leider nicht nur penetrant war, sondern auch stechen konnte. Unten die Fliege, oben eine Wespe auf der Suche nach einem Eingang ins Rohschinken-Paradies. Der Spuk oben war vorbei, als ich den Schinken im Kühlschrank verstaute. Sind wohl keine Vegetarier diese Wespen...

Mittwoch, 8. September 2021

La Flotte

Es ist hier spürbar später hell. Nachdem ich am Abend so ziemlich alles offen gelassen hatte, und gleichzeitig meine Sommerdecke herbei wünschte, wachte ich irgendwann bei tiefer Finsternis wieder auf. Wäre es hell gewesen, hätte ich es gemerkt - war ja alles offen ausser der Tür. Fakt ist, es war Sieben, draussen knapp unter und drinnen knapp über 20°. Von den Gewittern des Wetterfrosches keine Spur, aber dass die Tage kühler und wohl auch nasser werden, scheint plausibel.
Der Besuch in der Snackbar war eine positive Überraschung: nicht nur so des Campers Notlösung bei leerem Kühlschrank, nein, eine ganz passable Menükarte und ein Brotangebot ohne Bestellpflicht. Macht alles in allem einen guten Eindruck, meine zweite Wahl des Campingplatzes. Das Urteil passt auch für das Dorf, nachdem ich mich heute in La Flotte umgesehen habe. Aber der Reihe nach...
Frisch gestärkt vom Frühstück mit Crème forrestière und Rohschinken, sattelte ich  einen Drahtesel und machte mich auf den Weg zum zweiten Intermarché der Insel. Wie üblich nahm ich zuerst den falschen Veloweg. Ich hatte das vermutet, fuhr aber trotzdem bis an die Küste und gelangte zu einem Leuchtturm. 



Wie beim Campingplatz hatte es auch dort Überreste einer alten Festung. Der Campingplatz ist ja regelrecht darum herum gebaut, übrigens auch UNESCO Weltkulturerbe. Vom Leuchtturm machte ich mich auf den Weg zum Intermarché - gesucht, gefunden, alles kinderleicht. Man darf einfach nicht blindlings anderen Velos hinterher fahren, denn die missachten so ziemlich jede Verkehrsregel hier - ausser die Fahrverbote für Velos, denn dort wird's gefährlich. Aber Einbahnstrassen, Stoppschilder und ähnliches werden grösstenteils ignoriert. Trotzdem, Velofahren auf der Insel ist ein Traum. Es gibt sogar einen Hollandbike-Verleih im einem anderen Dorf, meine Gazelle ist also nicht die einzige auf der Insel. Ich habe zuerst mal meine Eroberungen aus dem Supermarkt nach Hause gefahren - die feinen Joghurts, den Feigen-Boursin und die berühmte Dijon-Mayonnaise aus dem Courtepaille. Dann hatte ich schon mal so richtig warm....
Jetzt stellte sich die Frage, zum Strand oder nach La Flotte? Beides, in dieser Reihenfolge. Der Strand ist zwarfei sandig, aber er war aktuell weit weg vom Wasser. Da diese Situation längere Zeit anhielt, konnte ein Tsunami ausgeschlossen werden - es musste Ebbe sein. Gleiches Bild im 4 Kilometer entfernten La Flotte, wo ebendiese komplett auf Grund gelaufen war. 



La Flotte ist etwas grösser als Saint-Martin, hat einen ähnlich angelegten Hafen und es war irgendwo in der Fussgängerzone ein Markt. Das hatte ich auf der Strasse mitbekommen, als jemand darüber gesprochen hat. Der Markt ist total verwinkelt angelegt, mit typischen Produkten wie Gemüse, Obst, Fleisch, Fisch, Kleidern, Haushaltartikeln etc. Dann gibt es aber auch regionale, touristische Artikel wie Morcheln, Salz in allen Variationen, Seifen und Souvenirs. Und auch Fertiggerichte kann man kaufen, beispielsweise Paella. In der ganzen Fussgängerzone herrscht Maskenpflicht, die auch gut befolgt wird. Sonst sind die Franzosen ganz unterschiedlich unterwegs, die einen latschten gestern die ganze Zeit ohne Maske in der Crêperie rum - oder wie die eine Bedienung mit Maske am Kinn. Andere liessen sie auf bis das Essen serviert wurde, und desinfizierten vor und nach dem Essen die Hände. Es hatte sogar jeder seine eigene Flasche dabei, und sie standen auf dem Tisch, wo früher das Handy lag.
Alles in allem ist mir Saint-Martin etwas sympatischer, als la Flotte. Super finde ich, dass es neben den Velowegen auch noch unzählige Parkmöglichkeiten für Fahrräder gibt. Es macht hier einfach Spass - nicht nur das Velofahren.


Dienstag, 7. September 2021

Quel surprise!

Heute haben mich Geräusche geweckt, die mir nicht ganz unbekannt waren: das Herumranggen eines Hundes, für den der Tag längst begonnen hatte - aber dessen Besitzer noch im Bett lagen. Ich dachte mir noch, der ist früh dran der Kerl, dann schaute ich mal auf die Uhr. Echt jetzt, schon Sieben? Ok, dann mal ab zur Toilette, wo schon intensiv kommuniziert wurde. Die Putzequipe war auch schon am Werk. Ich habe mir dann noch einen Kaffee gegönnt, abgewaschen, alles eingepackt und mich auf die Weiterfahrt gemacht.
Das Navi lief noch nicht, dafür der Motor mit der neuen Batterie. Ich wunderte mich, dass mein neues Ziel noch nicht im Navi angekommen war. Dieses hatte ich bereits am Vorabend in der App erfasst und ans Navi geschickt, Internetverbindung hatte das Navi, musste also etwas anderes sein. Aha, mal wieder die Anmeldung im Konto rausgeflogen, darum. Nun ging es flott vorwärts, allerdings nicht in jene Richtung, welche ich erwartet hatte. Ich entschloss mich, dem Navi zu vertrauen, denn ganz falsch war die Richtung nicht. Sie führte einfach stark nach Norden ins Loiretal und führte zu einigen déja-vus. Die Reise war wie am Abend der Kaffee un po di tutto, ein potpourri vergangener Reiserouten: zuerst die Route in den Süden bis zur Ausfahrt, die wir bei einer Autobahnsperrung nehmen mussten. Dann die Route über Nantua vorbei an der Raststätte de la Valleyre, wo unsere Kids mal gratis Pains au chocolat bekommen haben. Dann die Umfahrung von Lyon und die Route nach Clermont-Ferrand ins Vulkangebiet. Heute der Abstecher ins Loiretal, mit Loches wo wir unsere Glühbirne für's Abblendlicht gewechselt hatten. Und dann die Anzeige "Bordeaux 1h40" - gar nicht mal so weit.
Ich hab's irgendwann auf die Insel geschafft. Von der Autobahn bis zur Küste war es wie von Bordeaux nach Lacanau, einfach ohne Kreisel. La Rochelle konnte ich links liegen lassen, war mir recht, den da hatte es etwas Stau. Die Brücke war sensationell, ich konnte richtig gut sehen, was für eine Schönheit mich erwartete - die Brücke ist in einem recht hohen Bogen gebaut und erlaubt einen tollen Blick auf die Insel. Dort habe ich dann den Platz auch auf Anhieb gefunden - bloss war um 15 Uhr kein Platz mehr frei! Ok, jetzt hiess es umdisponieren. Ich hatte geplant, nach dem Aufstellen zu Fuss in den Intermarche einkaufen zu gehen. Der Platz war recht nahe, aber da es für mich dort keinen solchen gab, war mein Plan Makulatur. Einmal mehr....
Ich entschied mich für einen Noteinkauf. Einer ohne Menüplan und Einkaufszettel, und einer mit Lücken: Feigenboursin? Ausverkauft. Meine Joghurts? Fehlanzeige, aber viel Platz im Regal.  Nun gut, wird schon gut kommen. Ich hatte im Kopf, dass Saint-Martin de Re meine zweite Wahl sein würde: ich wusste nämlich, dass es dort zwei Crêperies gab. Ob es einen Supermarkt hat, wusste ich nicht. Campingplätze kannte ich auch keine dort, also entschied ich mich einfach so für den Municipal. Das Navi programmierte ich gar nicht erst, ich wusste welche Strasse ich nehmen musste ins Nachbardorf, und fuhr dann nach Schildern. Mal wieder durch enge Strassen, aber anders kommt man da nicht hin. Dann hatte ich genau zwei Parzellen zur Wahl, bin aber schon viel schlechter gestanden. Der Platz ist einfach, aber sauber und mit einem eigenen Charme. Getrennte Toiletten und Duschen, überall Maskenpflicht, Covid-Zertifikatskontrolle. Um halb Sechs war alles aufgestellt,  ausser dem Grill, den brauchte es heute noch nicht. Ich habe mich dann geduscht, um aber schon bald wieder zu schwitzen. Ist einfach richtig heiss hier, immer noch fast 28° um 21 Uhr.
Abendessen gab's in der Crêperie am Hafen. Das Ganze erinnert irgendwie an St. Tropez, nur die Boote und die Geldbörsen der Gäste sind kleiner. Auch hier ging ohne Covid-Zertifikat nichts, aber ein Tisch im Freien um Viertel nach Sieben - Öffnungszeit der Crêperie am Abend - war nicht zu ergattern, alles reserviert. Ich weiss gar nicht,was wir in der Schweiz für ein Problem damit haben, hier läuft das recht rund.
Als letzte Überraschung gönnte ich mir dann noch ein Café Gourmand. Ich bin bislang echt zufrieden, was ich mit den Steinen die mir im Weg lagen, angefangen habe...




Montag, 6. September 2021

Wechseltag

Es ist jeweils am Morgen noch etwas frisch auf dem Campingplatz de la Colombière. Immerhin, heute hatte es keinen Nebel, das habe ich auch schon anders erlebt. Einen Kaffee gab's dann begann ich mit dem Abbau: Satellitenschüssel, Stewi, Tisch, Stuhl, Frontscheibenabdeckung, Sitze umdrehen, Schuhkiste, Bodenmatte, Stützen, zuletzt der Strom - ganz bewusst. Nützte aber nichts, das bekannte Orgelgeräusch in der Berner Geschwindigkeit, das reicht einfach nicht zum Starten des Motors. Also musste ich zuerst mal den Platzwart organisieren, der mir Starthilfe gab. Eine Garage kannte er auch, keinen Kilometer weg, im Prinzip an meinem Weg. Dort liess ich den Motor erstmal laufen, bis geklärt war, ob die eine solche Batterie hatten. Hatten sie, in der "anderen" Garage, ein Mechaniker holte sie umgehend. Dauerte zwar etwas länger als die prognostizierten 20 Minuten, aber ich will mich nicht beklagen: 218 Euro inklusive Einbau - der TCS-Monteur hatte auf seiner Liste eine "möglicherweise passende" Batterie für 375 CHF gelistet gehabt.
Nun ging es weiter nach Nangy zur Autobahn-Gesellschaft ATMB. Das Navi war noch gar nicht in der Halterung - ich hatte Strom gespart. Darum fuhr ich nach meinen Erinnerungen des Vorabends und landete prompt auf der falschen Autobahn - der üblichen Route, muss die Macht der Gewohnheit gewesen sein. Bei der nächsten Ausfahrt war das Navi online und programmiert. Die Ausfahrt kannte ich bereits, damals ging es um ein Gasleck und hier herrschte das nackte Chaos. Heute war es ruhig und ich hatte die Wahl zwischen Telepeage und Kreditkarte. Eine kombinierte Spur mit beiden Angeboten gab es nicht. Damit war mein Plan, den Badge auszutesten und notfalls auszusteigen und mit der Karte zu bezahlen, bereits Makulatur. Ich bezahlte in beide Richtungen mit der Karte. In Nangy gab es dann so eine Kombi-Spur; ich fuhr hinein, bis zur Schranke, PIEP. Mist, ging also doch noch, und jetzt? Einfach umkehren? Nein, ich war hier zum Badge tauschen, also machte ich dies auch. Durch einen Tunnel gelangte ich auf die andere Seite und stellte mich mal im Kundencenter an - zuvorderst. Half aber nicht viel, das Eröffnen eines Kontos bei ATMB scheint eine Riesensache zu sein. Da wurde getippt, Dokumente ausgetauscht, SMS und Mails auf's Handy geschickt....nach 20 Minuten war ich Nummer 1 von 5 in der Schlange und der dritte Schalter wurde geöffnet. Fünf Minuten später war ich wieder im Wohnmobil, mit einem neuen Badge und einer neuen Halterung - die alte musste ich noch von der Scheibe abmontieren.
Dann ging es endlich vorwärts, Richtung Lyon, nördlich umfahren und dann auf der A89 Richtung Clermont-Ferrand. Hier hat die Kontinentalplatte mächtig Falten geworfen, entweder ging's rauf, oder runter. Zum Abschluss gab es dann noch 60 Kilometer Route Nationale, durch Land- und Ortschaften, meist einspurig. Am Dorfeingang konnte ich gleich noch bei Carrefour tanken, der Diesel ist in etwa gleich teuer wie bei uns. Den Camping du Lac habe ich dann problemlos gefunden, sitze gleich beim Sanitärhaus (dort ist auch die Wifi-Antenne, ich kann sogar UPC-TV schauen).
Im Ort gibt es ein Casino und Thermen mit Kuranstalten. Vielleicht darum scheinen hier alle Touristen etwas "angeschlagen" - die sind zum Kuren hier. Ich hatte mir ausgedacht, ich könnte im Ort zur Crêperie laufen und eine Galette essen. Das Restaurant habe ich problemlos gefunden, aber eine Galette gab's dann doch nicht: draussen hatten sich scheinbar alle Bewohner versammelt,  die nicht "angeschlagen" waren. Quasi eine Anti-Kur-Community. Essen gab's "pas avant huit heure et quart". Kein Wunder, das Resto hat angeblich durchgehend geöffnet, 7/7, 24 Stunden. Nicht mein Ding, dafür war ich über eine Stunde zu früh dort. Pasta aus der WoMo-Küche taten es auch.
Noch ein Wort zu den Masken: auf dem Campingplatz in Neydens vom Personal perfekt umgesetzt. Die Camper, na ja, unterschiedlich. In der Autogarage: Maske? Fehlanzeige. Bei ATMB: unisono perfekt, die neue Mitarbeitende hat beim Schalter öffnen etwa 5 Minuten desinfiziert. Camping im Kurgebiet: ich war der einzige in der Reception mit Maske. Und in der komischen Creperie gab's auch keine Masken weit und breit. Wurde in Genf noch das Covid-Zertifikat kontrolliert, hat hier niemand danach gefragt. Die Vorschriften sind strenger als im Moment noch bei uns, das Befolgen ist aber weniger konsequent.
Fazit: Batterie, Badge und Meinung gewechselt.

Néris-les-Bains