Was macht man, wenn man ein neues Schiff zu Wasser lässt? Richtig, man tauft es. Ich bin zwar mit dem Wohnmobil unterwegs, aber gestern bekam ich den Eindruck, dass ein Schiff vielleicht auch gar nicht so falsch gewesen wäre. Und es fühlte sich an wie bei einer Schiffstaufe: der Regen prasselte auf das Dach, von abends um Acht bis ich heute Morgen aufgewacht bin. Zeitweise konnte ich die Personen im Fernseher nicht mehr verstehen weil es so laut war. Glücklicherweise war es eine Unterhaltungssendung und kein Thriller....
Zuvor hatte ich mir einen Hamburger mit Kartoffelschnitzen gegönnt, eine übersichtliche Portion aber alles andere als 08/15. Ausser dem Brötchen war offenbar alles selbst gemacht und es entpuppte sich als Kombination von heimischer Küche mit asiatischen Einflüssen: Die Röstzwiebel scheinen hier zum Grundbedarf zu zählen, die Saucen waren angenehm leicht und exotisch. Kein Ketchup, keine Mayonnaise, kein Käse - dafür Tomate und vier grosse Salatblätter (der gekrauste grün-violette, nicht Kopfsalat).
Mit den ersten Tropfen war ich dann zurück beim Wohnmobil. Passte, ich musste ja nur noch einmal raus auf Toilette und Schirm und Regenjacke sind ja immer dabei. Das Sanitärgebäude ist komplett geschlossen, verfügt über einen riesigen Vorraum mit Snackautomat und einem grossen Infobildschirm - nun wusste ich auch, wann der Laden am Morgen aufmacht. Links gibt' einmal Abwaschen, einmal Waschen, dann die Duschen und zuletzt Toiletten. Rechts das gleiche noch mal, aber statt Waschen hat's Familienduschen. Nun ratet mal, welche Seite den Frauen zugeteilt ist..... Bezüglich Einrichtung gibt's nichts zu meckern, alles funktional und grosszügig ausgelegt. Wie in Schwimmbädern hat es im Gang zwischen den Duschkabinen Roste aus Kunststoff: habe ich noch nie auf einem Campingplatz gesehen, verhindert das Ausrutschen auf dem nassen Boden, ist aber aufwändiger zu Putzen.
Der Campingplatz ist ziemlich voll. Viele Deutsche, viele Kinder, viele Hunde. Vielleicht kommt mir das auch nur so vor, weil ich genau an einem der "verkehrsreichsten" Wege logiere. So sieht man dann natürlich einiges: Brötchen-Kuriere mit und ohne Fahrrad, abreisende Camper, gestern ein einparkender Wohnwagen-Besitzer der beim Einparken von einem quietschenden Geräusch begleitet war, ein Polizeiauto beim Eingang, zwei Polizisten beim Quietschgeräusch-Nachbar die mehr Werbung für das Dreisamtal machten als den Schaden aufzunehmen, und jegliche Rassen von Hunden mittlerer Grösse. Keine Bernhardiner und keine Chihuahuas, aber dazwischen so ziemlich alles. Und heute Morgen entdeckte ich noch eine dreiköpfige, leicht gestresste Familie in gepflegter Kleidung zwischen all den kurzhosigen T-Shirt-Campern. Mein erster Gedanke war: die wollen in die Kirche. Also Mama und Papa wollten dies, Papa stapfte voraus mit einem Müllsack in der Hand, Mama spielte Motivationscoach für ihre kleine Tochter während diese immer wieder stehenblueb, sich umdrehte und zu den spielenden Kindern zurückschaute. Aus dem kommunikativen Coaching erfuhr ich dann, dass Oma und Opa bereits warteten und man riskiere, zu spät zur Taufe zu kommen.
Diese hatte ich schon hinter mir. Die Regentaufe hatte selbst unter der Markise nahezu alles erwischt, Stuhl, Tisch, Schuhe, der ganze Boden ist jetzt aufgeweicht. Zum Glück hat es noch etwas befestigte Fläche auf die ich mein Wohnmobil abgestellt habe. Sonst komme ich am Ende mal wieder nicht weg am Samstag...