Freitag, 16. Juni 2017

Von Müllern und Bäckern

Heute war es lange bewölkt und darum angenehm frisch. So geht das Eincremen mit Sonnenschutz wesentlich angenehmer über die Bühne, als wenn der Körper schon aufgeheizt ist. Paradoxerweise friert es mich an solchen Tagen jeweils beim Anziehen des T-Shirts....
Sonnenschutz war auch heute notwendig - erstens weil es zunehmend sonniger wurde, zweitens weil ich ein paar Kilometer durch die Weinberge wandern wollte. Ich hatte mir aus zwei Tourenvorschlägen etwas zusammengebastelt, die kleinere davon war mit 1 Stunde veranschlagt - schien zu passen.
Zuvor brauchte ich aber noch eine Stärkung, Brot für's Frühstück musste her. Der Bäcker war heute in der Backstube, Frau Bäcker nicht da - es bediente Mutter Bäcker. Sie wusste dann auch, dass die Bäckerei erst ab Juli sonntags geöffnet ist. Die andere Bäckerei hat gerade Betriebsferien (die hätte aber am Sonntag offen), bleibt noch die Patisserie Carl, aber ob die Brot verkauft? Offen hätten sie jedenfalls am Sonntag....
Um 9 Uhr und ein paar Zerquetschten fühlte ich des Müllers Lust und machte mich auf den Weg zur kleinen Kapelle auf dem Hausberg. Der Wein-Kooperative entlang führte der Weg steil bergauf, glücklicherweise durch einen Wald. Oben angekommen entschädigte der Ausblick für die Strapazen, gemächlich schlenderte ich nun talwärts, immer den Wegweisern folgend. Sind zwar anders angeschrieben die Routen hier, aber man versteht sie problemlos. Nur die Zeiten fehlen und ich war doch arg schnell bei der Kapelle angekommen. Je näher ich Turckheim kam, desto mehr schwante mir: das gibt keine grosse Wanderung, von wegen eine Stunde für den kleineren der Vorschläge...vielleicht wenn man rückwärts läuft!
Nach 75 Minuten stand ich beim Brandtor, einem der drei Tore von Turckheim. Von der Stadtmauer sieht man nicht mehr viel, die wurde schon früh zu einer zusammenhängenden Hausmauer umfunktioniert und verlor dadurch ihre Schutzfunktion. Eine Stadtmauer mit Fenstern schützt nicht wirklich. Der Name Brand hat übrigens nicht direkt etwas mit Feuer zu tun, sondern stammt von eben jenem Hausberg. Woher dieser seinen Namen hat? Keine Ahnung. Jedenfalls ist hier alles ein bisschen Brand. Es gibt einen Grand Cru Brand, ein Stadttor, eine Residenz die über der Stadt am Weg zum Col de Brand liegt, und und und.... Kommt dazu, dass noch alle Strassen im Stadtkern zweisprachig angeschrieben sind. So gibt es dann halt eine Impasse des Boulangers mit Untertitel Baekagass....
Weniger erfreut war ich über die Touri-Gruppe die mir im Städtchen entgegen kam - auch hier schön dem Klischee entsprechend, auf der vollen Breite der Strasse, teilweise mit Kopfhörern, zuhinterst ein Guide mit einer Guidetafel (so wie eine Pistenmarkierung, nur kürzer....wäre doch auch mal eine Idee, farbige Tafeln für Tourguides: blau = pflegelichte Gruppe mit respektvollen Touris, rot = anspruchsvolle Gruppe mit besitzergreifenden Tendenzen, schwarz = rette sich wer kann). Der Guide schwafelte dauernd in ein Mikrofon und erklärte vermutlich den davoneilenden Schäfchen seiner Gruppe, was sie gerade verpasst hatten - die vordersten liefen nämlich gut und gerne 25 Meter voraus...
Dann habe ich mir noch eine Flasche Schaumwein verdient, bei einem Niederländer, mit Satellitenschüssel einstellen. Macht sich langsam bezahlt mein Hightech-Gerät - Erkenntnis 1 - und hier haben alle etwas Probleme mit dem Empfang - Erkenntnis 2. Vielleicht stört der viele Wein hier die Signale....